Leseprobe I:

Prolog

Um 14:32 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) registrierte das Kitt Peak National Observatory in Arizona, USA, den heranrasenden Kometen. Größe und Geschwindigkeit des Objektes ließen erkennen, dass die Menschheit den drohenden Einschlag nicht überleben würde.

 

Um 14:34 Uhr MEZ klappte Martin Payatt, der diensthabende Astrophysiker, seinen Mund wieder zu und begann zu zittern. Wertvolle Augenblicke verstrichen, in denen er zu nichts anderem imstande war. In den dann folgenden sieben Minuten entwickelte er fieberhafte Aktivitäten, Nachricht an alle Observatorien der nördlichen Hemisphäre zu geben. Rund um den Globus setzten sich Planetarien unter dem Surren von Elektromotoren in Bewegung. Der kalte Blick der Teleskope richtete sich überall auf einen einzigen Punkt.

Jenen Punkt, dessen Daten Payatt um die Welt schickte.

In Arizona liefen die Drähte heiß, während Bestätigungen mexikanischer, britischer, französischer Physiker eintrafen.

Ja, sie sahen es auch. Ja, dieselben Messergebnisse. Ja, es war das Ende.

 

Juicio Final. Doomsday. Apocalyptique.

 

Um 14:47 Uhr MEZ war der Komet mit bloßem Auge über Zentralafrika zu erkennen. Von Sierra Leone bis Somalia blickten die Menschen auf zum Himmel mit der gleichen Mischung aus Unglauben und böser Vorahnung wie 65 Millionen

Jahre zuvor die Dinosaurier. Der Feuerball vergrößerte sich rasch und schien mit der Sonne zu konkurrieren. Die Fernseh- und Radiostationen unterbrachen ihr Programm. Noch bevor die Regierungen eingreifen konnten, lief auf allen Kanälen nur eine einzige Nachricht: Dies ist das Ende.

In den Augenblicken darauf brachen die weltweiten Handynetze zusammen. Eltern und Kinder, Freunde und Geliebte, die einander informieren und Beistand spenden wollten, wurden auseinandergerissen.

Die Welt verstummte. Nur der Wortschwall der Rundfunkmoderatoren blecherte noch in die Stille. Das Ende ist nah. Das ist das Ende. Das Ende.

 

Um 15:23 Uhr MEZ tat der Komet etwas für seinesgleichen Ungewöhnliches: Er hielt an.

Der Abschussbefehl für die amerikanischen Atomraketen in ihren unterirdischen Silos wurde im letzten Moment widerrufen.

In den Fernsehstationen schaltete man unentwegt Astronomen zu, deren vielstimmiger Chor niemandem Orientierung gab.

Noch während die Spekulationen ins Feld schossen, setzte sich das Objekt wieder in Bewegung. Es raste über die Sahara, das Mittelmeer und die Alpen hinweg und wurde dabei stetig langsamer.

 

 

Um 15:34 Uhr erreichte es deutschen Luftraum.


Um 15:39 Uhr starteten vom Luftwaffenstützpunkt Neuburg, Bayern, zwei Eurofighter des Typs Typhoon und gingen auf Abfangkurs. Der Pilot der ersten Maschine, Stefan Rimbach, näherte sich von Südsüdost. Doch alle Versuche, mit dem unbekannten Flugobjekt Funkkontakt aufzunehmen, scheiterten. Für diesen Fall hatte er strikte Order, das UFO per Augenschein einzuschätzen.

Er schloss bis auf dreihundert Meter auf und starrte angestrengt durch die Scheibe des Cockpits. Er gab sofort an die Kommandozentrale weiter, was er sah: einen riesigen Ball aus Feuer, aber nicht gelb wie gewöhnliches Feuer, eher weiß.

Die Einsatzleitung fragte nach dem Inneren des UFOs. Der Pilot gab an, mehr könne er nicht sehen.

Er erhielt Anweisung, bis auf hundertfünfzig Meter heranzufliegen.

Rimbach schluckte. Er bestätigte den Befehl und drückte gegen den Steuerknüppel. Die Bordelektronik korrigierte den Kurs. Der Feuerball wuchs heran und nahm fast das gesamte Cockpit ein. Der Pilot kniff die Augen zusammen, um in dem Gleißen etwas erkennen zu können. Was sehen Sie?, bellte der Einsatzleiter.

Tränen verschleierten Rimbachs Blick. Er starrte ins Licht. Da war eine Bewegung.

Was sehen Sie?

Das Bild verschwamm.

Was sehen Sie?

Ein langgestrecktes Objekt, das sich in Windungen bewegte.

Was sehen Sie?

Eine spiralförmige Bewegung.

Was sehen Sie, verdammt nochmal?

Das war, oh Gott! Das war eine Schlange ... eine Schlange aus Feuer!

Herrgott, Rimbach, was sehen Sie? Der Einsatzleiter schrie jetzt.

Das konnte einfach nicht wahr sein. Das würde ihn den Flugschein kosten. Rimbach schluckte.

Nichts. Nur noch mehr Licht, antwortete er.

 

Um 15:46 Uhr erreichte das Objekt Köln.

Sofort blieb es stehen.

 

 

Im Fernsehen tauschte man die Weltuntergangsexperten nun gegen UFO-Experten aus. Man war sich allgemein einig, dass der Menschheit ein bedeutender Augenblick bevorstand: der erste Kontakt mit extraterrestrischem Leben. Je nach Experte wurde zu Gastfreundlichkeit, Kampf oder Flucht geraten.

 

Um 16:57 Uhr trat beim italienischen Fernsehsender Rai 1– direkt im Anschluss an einen Vulkanier in voller Uniform der Sternenflotte – Ihre Eminenz, Kardinal Guiseppe Lajolo, aus dem Vatikanstaat auf. Er beschwor die Zuschauer, dass auch die Fremden Geschöpfe Gottes seien, und rief dazu auf, sie mit offenen Armen zu empfangen. Eine Äußerung, für die er noch heftig kritisiert werden sollte.

 

Um 16:59 Uhr begann der Flammenball, herabzusinken und dabei zu schrumpfen. Während in Bayern die Einsatzleitung mit Schweiß auf der Stirn überlegte, ob sie Feuerbefehl geben müsse, näherte sich das UFO dem Kölner Dom. Seine Flughöhe sank immer weiter. Schon bald war es für jedes militärische Eingreifen zu spät.

Der Domprobst, Ludwig Rienhold, betrachtete das Geschehen vor dem Gotteshaus vom Hauptschiff aus. Da er dem Spektakel draußen nicht traute, gab er Anweisung, das Petersportal zu verriegeln.

 

 

Es war nun 17:00 Uhr. Das Erste, was der Fremde bei seiner Ankunft hörte, war das Krachen, mit dem sich das Tor des Doms schloss.



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