Der Titel-Wirrwarr ist ein schönes Beispiel dafür, welchen Schindluder Marketingexperten treiben, wenn sie sich davon zusätzlichen Umsatz versprechen. Offenbar musste unbedingt Maze Runner (dt. Labyrinth-Läufer) noch in den Namen gezwungen werden.
Dabei graust es natürlich auch schon bei den Auserwählten, die sich in Filmen vermehren wie die Fliegen auf dem Hundehaufen. Hier gibt es mehr zum Phänomen der Auserwählten-Pest.
Breiten wir an dieser Stelle gnädig den Mantel des Schweigens über das Marketing und werfen einen Blick auf den
Inhalt
Thomas ist 16 und recht selbstvergessen. Er erinnert sich bloß daran, Thomas zu heißen. Ansonsten sind in seinem Kopf nur noch allgemeine Informationen: Er kennt die Bedeutung von Wörtern und
Dingen, hat aber keinerlei persönliche Erinnerungen.
Derzeit fährt er verwirrt und verängstigt mit einem Aufzug aufwärts.
Er gelangt auf eine Lichtung inmitten eines Labyrinthes. Hier leben 50 ausschließlich männliche Jugendliche als Gefangene der Umstände - auch sie ohne Gedächtnis. Sie versuchen verzweifelt, dem
Käfig zu entkommen, während um sie herum nachts seltsame Monster umgehen.
Doch dann wird noch jemand zu ihnen hinaufgeschickt: ein Mädchen. Die vergesslichen Jungs staunen nicht schlecht, zumal das Erscheinen der jungen Dame eine Kette äußerst bedrohlicher Ereignisse
in Gang setzt ...
Meine Meinung
Das Buch ist besser, als es der Titel vermuten lässt. James Dashner legt einen durchgängig spannenden Roman vor. Dabei ist Quelle der Spannung in der Hauptsache das Rätsel um das Labyrinth und
die Vergangenheit der Jugendlichen. Diese Rätselspannung trägt, auch wenn man Teile der Lösung lange vorausahnt. Dennoch bleiben einzelne Enthüllungen, die überraschen.
Action-Einlagen treten periodisch auf und tun das Übrige hinzu, um den Leser bei der Stange zu halten.
Die Dynamik der eingesperrten Jungen-Gesellschaft ist gelegentlich interessant, wird hier aber oberflächlicher abgehandelt als man es etwa aus Herr der Fliegen kennt.
Dashner gibt den Jugendlichen eine eigene Sprache und ein eigenes Gesellschaftsgefüge. Beides lernen wir in der ersten Hälfte des Buches nach und nach kennen. Genau wie auch beim Geheimnis des
Labyrinthes beherrscht der Autor die Kunst, die Informationen nur häppchenweise herauszurücken, so dass der Leser stets nach mehr giert.
Ein Teil der Lösung wird allerdings nicht im Irrgarten gefunden, sondern in den Erinnerungen der Vergesslichen. Wann dort wem etwas - zufällig immer gerade dramaturgisch Passendes einfällt - das
wirkt schon ein wenig willkürlich.
Das Ende des Romans ist gelungen. Das ist nicht selbstverständlich, handelt es sich doch um den ersten Band eines Dreiteilers. Das heißt, einerseits muss der Leser genug Durchblick erhalten, um
sich nicht verschaukelt zu fühlen, und andererseits muss genug Rätsel bleiben, um ihn zum Kauf der weiteren Bände zu motivieren. Im Labyrinth - Die Auserwählten schafft die Gratwanderung
sehr gut.
Allerdings wirkt die Lösung an einer Stelle recht platt:
ACHTUNG: SPOILER!
Der Knopf mit der Aufschrift »Labyrinth abschalten« - also ehrlich, der hätte auch in die Sendung mit der Maus gepasst.
SPOILER ENDE
Auch kommen gewisse Zweifel auf, ob im Finale von Band 3 tatsächlich alle Fragen adäquat beantwortet werden.
→ Wer ein spannendes Jugendbuch mit einer schönen Geheimnisspannung sucht, ist bei Im Labyrinth - Die Auserwählten (aka Maze Runner) goldrichtig. Über kleinere Mängel sollte man dabei hinwegsehen.
Buch-Tipp: 7/10 Punkte